Es ist erniedrigend. Menschen, die Hilfe brauchen bekommen keine. Und zwar nicht, weil es irgendwie an Ärzten und Ärztinnen mangelt, sondern, weil viel zu wenige von ihnen zugelassen werden. Der Fehler liegt im System. Und dennoch leiden am Ende genau die daran, die am meisten Hilfe brauchen, aber am wenigsten dafür können.
Ich kann mich zu gut daran erinnern, wie ich mich damals fühlte. Mir wurde soeben eine schwere Depression diagnostiziert und dennoch hieß es bei allen TherapeutInnen, die ich kontaktierte: Wartezeit mehrere Monate. Die Depression raubte mir jede Kraft und Hoffnung und im Nachhinein, bin ich sehr dankbar Menschen gehabt zu haben, die mich bei der Suche unterstützen konnten. Denn jedes Mal, wenn es hieß „mehrere Monate Wartezeit“, sank ich ein bisschen tiefer in das Loch der Verzweiflung. „Ich schaffe es nicht mehr. Ich schaffe es nicht zu warten. Ich brauche jetzt Hilfe und nicht in sechs Monaten. Ich bin nicht krank genug. Ich bin es nicht wert.“ Dabei war ich sehr wohl krank, ich hatte verdammt nochmal eine schwere Depression! Es war schlimm keine Hilfe bekommen zu können und es braucht Mut sich zuzugestehen, dass man Hilfe braucht. Aber es ist auch noch schwieriger die Hilfe zu finden. So sollte es aber nicht sein.
Depressionen und andere Psychische Erkrankungen sind ernst zu nehmen. Sie sind gefährlich und können einem das Leben kosten. Wenn Jemand jetzt Hilfe braucht, dann ist es in sechs Monaten vielleicht schon zu spät. Wenn jemand jetzt merkt, dass er Hilfe braucht, geht es jetzt vielleicht gerade noch, aber in sechs Monaten hat sich dann alles verschlimmert.
Alles in Allem: die Therapieplatzsituation in Deutschland ist schrecklich.
Umso wichtiger ist es, dass du weißt:
Du kannst nichts für diese Situation und du bist es wert Hilfe zu bekommen.
Ich kenne die Verzweiflung und möchte hier deswegen einige Dinge teilen, die du tun kannst, um Wartezeiten zu überbrücken und die Zeit „dazwischen“ zu überstehen. Denn selbst wenn du vielleicht mal einen Termin hast, heißt es noch lange nicht, dass der/die Therapeutin zu dir passt und dir helfen kann.
1. Angebote von Schule/Uni etc. nutzen
Eigentlich ist es das Letzte, was man will zu einem Schulpsychologen zu gehen. Aber genau hierfür sind sie da. Wenn du keinen Therapieplatz in vorhersehbarer Zeit bekommst, kann dir vielleicht ein Termin beim Schulpsychologen oder der Schulpsychologin helfen.
2. Gruppentherapien
Gruppentherapien sind etwas, das man viel zu selten in Betracht zieht. Sie können aber genau so hilfreich sein, wie die Einzeltherapie und dir vielleicht helfen.
3. Dranbleiben
Es ist total bescheuert einem Depressiven Menschen so etwas zu sagen. Gib nicht die Hoffnung auf, versuche es immer weiter. Wenn man Depressionen hat, hat man keine Hoffnung. Man hat auch keine Energie und jede Absage und jede Warteliste zieht einen noch mehr hinunter. Aber manchmal lohnt es sich dranzubleiben, denn so habe ich dann schließlich nach ein paar Wochen doch einen Therapieplatz bekommen. Es kommt vor, dass mal spontan jemand absagt und manche TherapeutInnen sind auch nicht dazu verpflichtet Wartelisten zu führen. Deswegen ist es immer wieder gut, wenn du hartnäckig bleibst und signalisierst, dass du du immer noch Hilfe brauchst. Vielleicht kennst du jemanden, der dich dabei unterstützen kann?
Außerdem kann dir diese Website womöglich helfen:
4. Apps
Es gibt einige Apps, die dafür konzipiert sind bei beispielsweise Depressionen zu helfen und von der Krankenkasse gezahlt werden. Ich habe sie selbst nie verwendet, kann mir aber durchaus vorstellen, dass die richtige App zumindest ein wenig helfen kann. Alles besser, als gar nichts gegen die Depression zu tun.
5. Psychologische Ausbildungsinstitute/Ambulanzen
Eine Möglichkeit, die kaum einer kennt, die aber auch durchaus hilfreich sein kann. In solchen Instituten arbeiten TherapeutInnen, die mit dem Studium fertig sind, sich aber noch in der Ausbildung befinden. Oft können hier mehr PatientInnen aufgenommen werden, als in herkömmlichen Praxen. Wenn es Dir also nichts ausmacht von jüngeren TherapeutInnen behandelt zu werden, dann ist das durchaus eine Option.
6. HausärztInnen
Im Notfall können Dir auch Hausärztinnen weiterhelfen. Sie können Dich zu anderen Ärzten überweisen oder (soweit ich weiß) auch im Notfall gewissen Medikamente verschreiben.
7. Selbsthilfe
Ich habe ergänzend zu meiner Therapie und den Medikamenten sehr viele Bücher gelesen, Podcasts gehört, Videos geschaut oder meditiert. Und diese Dinge haben mir teilweise auch extrem geholfen. Es gab immer Tipps oder positive Gedanken, die man mitnehmen konnte. Auch das Meditieren oder eine Yogaeinheit, kann unglaublich gut tun. Manche Videos haben mir mehr geholfen, als jede Therapie (Was aber nicht heißen soll, dass sie die Therapie ersetzt haben). Wenn du es Dank diesen Dingen alleine aus der Depression schaffst, dann Respekt. Wenn du trotzdem eine Therapie brauchst, dann hast du ebenso großen Respekt verdient.
8. Die zentrale Terminservicestelle
Der Vorteil dabei ist, dass du innerhalb weniger Wochen ein Erstgespräch bekommen und feststellen kannst, ob du tatsächlich eine Therapie benötigst. Es handelt sich um die zentrale Terminvergabestelle der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Allerdings geht es hier wirklich nur um ein Erstgespräch, wie schnell man dann einen Therapieplatz kriegen kann ist ungewiss…
9. Familie & Freunde
Es ist unglaublich schwer sich zu öffnen, aber manchmal (!) kann ein Gespräch mit der besten Freundin Gold wert sein!
10. Erstmal Privat zahlen
Ist auch nicht die Lösung, aber vielleicht kann man ja zumindest eine Stunde privat zahlen. Das wäre zumindest besser als gar nichts …
Im Notfall kannst Du Dich auch immer beispielsweise an die Telefonseelsorge oder Nummer gegen Kummer wenden! (08001110111)
Hier kannst du vielleicht auch Hilfe finden: Deutsche Depressionshilfe – https://www.deutsche-depressionshilfe.de

Ich hoffe es waren zwei drei Dinge dabei, die Du vielleicht noch nicht kanntest und Dir helfen können. Vergiss nicht, dass Du für die Situation nichts kannst und, dass Du egal, was ist Hilfe verdient hast!
Ein Kommentar zu “Kein Therapieplatz, was kann ich tun?”